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Limmatquai 28

Musikalienhandel in Zürich

«Klassische u. moderne Musik der gesammten Instrumental- u. Vocalliteratur»

Musik Hug prägt seit über 200 Jahren die musikalische Landschaft der ganzen Schweiz und insbesondere der Stadt Zürich. Die Firma illustriert die Ziele und Interessen der Musikalienhändler\*Innen, die sich ständig verändernde Nachfrage der Kundschaft, aber auch die sich daraus ergebenden Probleme im Handel mit Noten und Instrumenten.

Hans Georg Nägeli begründete das wohl wichtigste moderne Zürcher Musikhaus. Er eröffnete 1791 eine Musikalienhandlung und Leihbibliothek, kurze Zeit später auch seinen eigenen Verlag. Da Nägeli nur sehr wenig Geld zur Verfügung hatte, zählte er dabei auf die Hilfe verschiedener Investoren. Einer davon war der Pfarrer Jakob Christoph Hug.

In den ersten Jahren lief das Geschäft sehr schlecht. Wegen der schwierigen politischen Lage in Europa blieb der Umsatz im Musikalienhandel sehr bescheiden. Allerdings zeigte Nägeli, der sich vor allem als Musikpädagoge verstand, als Geschäftsmann nur wenig Geschick. So war sein Kredit schnell aufgebraucht und seine Investoren sahen sich gezwungen zu intervenieren.

1807 wurde ein Vertrag geschlossen, wonach die Firma «Hans Georg Nägeli & Co.» an Jakob Christoph Hug, seinen Bruder Caspar und einen weiteren Investor, Melchior Horner ging. Nägeli wurde als Berater und Korrektor für ein festes Gehalt angestellt. Dieser Vertrag war die eigentliche Geburtsstunde von Musik Hug, obwohl die Firma erst zehn Jahre später in «Gebrüder Hug» umbenannt wurde.

Verleger, Händler und Komponist
Hans Georg Nägeli

Hans Georg Nägeli (1773–1836) gehört zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Zürcher Musikgeschichte. Er war ein begabter Musiker, spielte Klavier und Harfe, konnte singen und komponierte auch. Er gilt heute als Mitbegründer des Schweizer Gesangsvereins und verstand sich vor allem als Musikpädagoge. Erwar ein Anhänger von Pestalozzis Ansätze. Sein Ziel war, immer mehr Menschen, besonders Kinder und Laien, zum Musizieren zu ermutigen. Als Verleger orientierte er sich beim Erwerben und Verleihen von Musikalien nicht am zu erwartenden Gewinn, sondern vorwiegend an seinen eigenen Vorlieben und Interessen. Dabei entstanden aber bemerkenswerte Publikationen: Er gab zum Beispiel Klavierwerke von Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach heraus, als der letztere noch weitgehend unbekannt war. Nägelis grösste Leidenschaft blieb aber die Chormusik. Er komponierte hunderte von mehrstimmigen Liedern, sowohl für Solostimme und Klavier als auch für gemischte oder reine Frauen- und Männerchöre.

Die Blütezeit

Erst etwa 40 Jahre nach dem Vertrag von 1807 begann das Geschäft wirklich gut zu laufen. Das Angebot wurde vielfältiger, die Kundschaft zahlreicher darunter auch berühmte Künstler, . Da auch die Hausmusik immer populärer wurde, stieg die Nachfrage nach Instrumenten rapide an. Es wurden lukrative Verträge mit Instrumentenbauern geschlossen, besonders vielfältig wurde die Auswahl an hochwertigen Klavieren. Entsprechend der Nachfrage bot man bald auch verschiedene Dienstleistungen wie Klavierstimmen oder Instrumentenreparatur und -vermietung an.

Dennoch blieb ein Fokus auf dem Verkauf und Verleih von Lehrwerken und einfachen (Kinder-)Liedern, wie ihn schon Hans Georg Nägeli gesetzt hatte. Da immer mehr Chöre gegründet wurden, veröffentlichte der Verlag ein umfangreiches Angebot an Vokalwerken, und auch die selbst produzierten Lehrwerke für alle möglichen Instrumente wurden stark nachgefragt. Neben diesen pädagogischen Werken wurden vermehrt auch Werke von lokalen Komponisten verkauft.

In zahlreichen Schweizer Städten wurden Filialen gegründet, eine weitere sogar in Leipzig. 1899 kaufte der damalige Geschäftsführer Emil Hug die Münsterburg am Limmatquai 28, der heutige Stammsitz des Unternehmens.

Musikalienhandel in Zeiten des Internets

Mittlerweile ist der Handel mit Musikalien kein einfacher Markt mehr. Der Umsatz sinkt seit der Jahrtausendwende weltweit, denn durch die Möglichkeiten des Internets scheint vielen potenziellen Kund*innen der Gang in ein Fachgeschäft überflüssig. Fast alle Noten und Aufnahmen sind im Internet bequem erhältlich. Auch Raubkopien sind in Umlauf und lassen sich mit Digitalkameras und Scannern leicht herstellen.

So werden insbesondere kleine Musikfachgeschäfte vom Markt gedrängt oder von grösseren Unternehmen übernommen – auch die Gruppe Musik Hug gehört seit 2017 zur Musikpunkt AG. Andererseits bieten analog E-Books die Musikverlage inzwischen verstärkt Apps an, mit denen Notenausgaben digital – meist auf Tablets – gelesen und benutzt werden können. Was wird auf Dauer für die Musizierenden bequemer sein? Papier oder Bildschirm?