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Alte Tonhalle

Tonhalle-Gesellschaft

Finanzielles Auf und Ab der jungen Tonhalle-Gesellschaft

Ein professionelles Orchester etablierte sich nach mehreren Anläufen 1868 mit der Gründung der Tonhalle-Gesellschaft, die jedoch über Jahre finanziell auf schwachen Füssen stand.

In den ersten Jahrzehnten, bis zum Umzug an den heutigen Standort, fanden die Konzerte der Tonhalle-Gesellschaft im umgebauten ehemaligen Kornhaus am Sechseläutenplatz statt, das als ‹alte› Tonhalle bereits einen Konzertsaal mit Orgel (ab 1872) bot. Kurz vor der Jahrhundertwende, 1895, fand die Eröffnung der Neuen Tonhalle statt. Vom damaligen Neubau sind heute bloss die Konzertsäle erhalten. Friedrich Hegar übernahm als erster Dirigent das Orchester. In dieser Funktion war er für 40 Jahre aktiv.

Gewinne und Verluste 1869–1894

Die ersten dreissig Jahre des Tonhalle-Orchesters waren durchaus turbulent. Die Grafik stellt das jährliche Einkommen abzüglich Kosten im damaligen Geldwert dar.

Gewinne und Verluste

Eigene Abblidung

Der erhebliche Verlust im Jahr 1870 und 1871 ist auf die Auswirkungen des Deutsch-Französischen Krieges zurückzuführen. Die Tonhalle-Gesellschaft reduzierte ihre Kernaktivität notgedrungen und erwirtschaftete demnach einen geringen Umsatz. Da die Orchestermusiker festangestellt waren, mussten die Löhne weiterhin gezahlt werden, obschon sich die Anzahl der Konzerte und Besucher während der Kriegszeit geringhielt.

Die Verluste in den Jahren 1877 bis 1879 sind auf die Kosten zurückzuführen, wie Arbeiten an der Infrastruktur und durch einen einmaligen Wertverlust im Wirtschaftsbetrieb der Tonhalle. Der Konzertsaal benötigte einige teure Reparaturen. Der erhöhte Geldbedarf veranlasste die Tonhalle-Orchester zu dieser Zeit zum Verkauf von neuen Anteilen, um das Gesellschaftskapital zu erhöhen.

Der Gewinn von 1886/87 entstand durch eine private Schenkung und Subventionen seitens der Stadt. Das aggregierte Defizit konnte somit auf die Hälfte reduziert werden. Wie die Tonhalle-Gesellschaft selbst beschrieb, konnte der Betrieb ohne grosszügige Legate und Zuschüsse der Politik nicht überleben. Das Orchester stand stets in Kontakt mit der Politik bezüglich Mietzinsreduktion der genutzten Räumlichkeiten und erhielt Subventionen. Das Kornhaus war im Besitz der Stadt Zürich selbst. Bei regulärer Geschäftsaktivität wurde jährlich ein Defizit über 10'000 Fr. vermutet, was heute gemäss Historischem Lohnkostenindex (HLI) einer viertel Million Schweizer Franken entsprechen würde (swistoval.ch, 2021).

Die Tonhalle-Gesellschaft hatte es in ihren ersten 30 Jahren finanziell nicht einfach. Die Einkommen abzüglich Kosten resultierten in vielen Perioden in einem Verlust. Kontinuierliche Baukosten und die anfallenden Musikerlöhne trieben die Kosten in die Höhe. Ohne private Schenkungen und staatliche Subventionen hätte sich die Tonhalle-Gesellschaft in ihren ersten Jahrzehnten wohl kaum über Wasser halten können. Die städtischen Subventionen erhielt das Orchester ab 1885 jährlich. Bei solchen Zuschüssen handelte es sich grundsätzlich um einen Betrag von 5000 Fr. alter Währung. Dies entspricht heute gemäss HLI einer Summe von einer halben Million Schweizer Franken.

Löhne der Musiker

«Es vergeht kein Jahr, dass wir nicht das eine oder andere unserer tüchtigsten Orchestermitglieder an die grossen deutschen Orchester verlieren.» (Finanzbericht, 1889)

Der durchschnittliche Jahreslohn eines Orchestermitglieds betrug im 19. Jahrhundert schätzungsweise zwischen 1100 und 1600 Fr. alter Währung. Die Musiker der Tonhalle-Gesellschaft waren festangestellt. Die Grösse des Orchesters variierte zwischen Sommer- und Wintersaison. Für vereinzelte Konzerte wurden Zuzüger bezahlt, welche das Orchester verstärkten. Des Weiteren profitierten manche Musiker von Gagen für solistische Auftritte während Veranstaltungen. Der Lohn eines festangestellten Musikers lässt sich aufgrund der schwankenden Mitgliederanzahl bloss schätzen. Die geschätzten Jahreslöhne zwischen 1100 und 1600 Fr. alter Währung würden heute gemäss Historischem Lohnindex 80'000 Fr. entsprechen (swistoval.ch, 2021).

Die Musikerlöhne waren, so die Tonhalle-Gesellschaft, ebenfalls Gründe, warum aufstrebende Orchestermitglieder sich grösseren internationalen Orchestern anschlossen. Dies lässt vermuten, dass die Bezahlung dürftig war, oder zumindest im internationalen Vergleich gering ausfiel.

Nicht nur die direkte Lohnauszahlung, sondern auch die Altersvorsorge liess zu wünschen übrig. 1889 wurden an einen pensionierten Musiker des Tonhalle-Orchesters im Durchschnitt 330 Fr. alter Währung ausbezahlt. Nach dem Historischen Lohnindex entspricht dies heute einem Wert von 16'000.- Schweizer Franken (swistoval.ch, 2021). Wohl gemerkt, die Alters- und Hinterbliebenenversicherung war zu dieser Zeit noch keine Säule der Vorsorge.

Historischer Lohnindex (HLI)

Um Geldwerte aus der Vergangenheit in heutigen Währungswerten darzustellen, dient der HLI als Umrechnungsindex. Die Entwicklung der Währung wird relativ zu historischen Löhne von Bauarbeitern betrachtet. Die damaligen Vergütungen im Ausgangsjahr werden mit den Geldwerten von heutigen Löhnen verglichen. (swistoval.ch)